Was brauchen kleine Kinder (5-9 Jahre)?
Vor allem: Liebe, Geborgenheit und Freiraum!
Kleinere Kinder brauchen vor allem das Gefühl von ihren Eltern geliebt zu werden. Sie müssen sich geborgen und sicher fühlen; sollten aber auch unbedingt genügend un­struk­tu­rier­ten Frei­raum für ihre Ent­wick­lung haben.
Am wenigsten brauchen Sie eine grosse Masse an ge­kauf­ten Spiel­sachen. Billiges Wegwerf-Spielzeug aus Plastik fördert nur Konsummentalität, verliert schnell seinen Reiz, ist schlecht für die Umwelt und pädagogisch verheerend. Völlig unnötig sind für kleinere Kinder nach unserer Meinung auch Spielkonsolen oder Computer­spie­le. Dagegen sollten auch kleinere Kinder schon ein Handy haben und den Umgang damit lernen (vor allem, um notfalls erreichbar zu sein oder Hilfe holen zu kön­nen). Dabei muss allerdings sicher­ge­stellt sein, daß kleine Kinder am Handy keinen Zugang zu Social Media und diversem Internet-Dreck haben (wie Porno­graphie, Drogen, Glücksspielen, Gewalt­dar­stel­lun­gen, etc.). Damit werden sie später ohnehin mehr als genug kon­fron­tiert sein.
Was brauchen Kinder unter 10 Jahren unbedingt?
Hier ist eine Liste von Dingen und Aktivitäten, die wir für wichtig halten:
  1. Kleine Kinder brauchen unbedingt Polster und Kissen, mit denen sie an Regentagen in der Wohnung Burgen bauen, Kissenschlachten veranstalten oder Höhlen, Geheimgänge und Tunnels bauen können. Steife Sofa-Polster und weiche Kissen eignen sich dafür her­vor­ra­gend. Am schönsten ist Burgenbauen, wenn zwei oder drei Kinder zusammen sind. Bei Ein­zel­kin­dern muss Vater oder Mutter zunächst mit­spie­len. Meist ver­sin­ken die Kinder aber schnell in ihrer Fantasiewelt und spielen alleine – oder mit ihren Puppen und Stofftieren – weiter. Der Höhlenbau ist für kleinere Kinder so faszinierend, weil sie sich in ihrer Höhle geborgen und geschützt fühlen.
  2. Brett- und Kartenspiele, wie Mensch-Ärgere-Dich-Nicht, Mühle, Ländersuche, TAC, UNO, Quartett, Santorini oder sogar Schach sind auch für kleine Kinder hervorragend ge­eignet. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um klassi­sche oder moderne Spiele handelt. Entscheidend ist, daß jedes Spiel drei wichtige Aspekte hat: Erstens, Brettspiele entwickeln die intellektuellen Fähigkeiten der Kinder (weil sie mehr oder weniger komplexe Regeln verstehen müs­sen); zweitens, sie fördern in der Regel soziale Kompe­ten­zen (weil die Kinder zum Beispiel Kooperation oder Fru­stra­tions­tole­ranz lernen) und drittens, sie fördern gesunde physische Wahr­nehmung und Akti­vität (wie zum Beispiel schnelle Hand-Augen-Koordi­nation bei Spie­len, bei denen man schnell reagieren muss).
  3. Puppen, Spielfiguren, Stofftiere Für kleinere Kinder unter 8 Jahren sind Puppen, Spielfiguren und Stoff­tiere sehr wichtig, weil sie damit soziale Beziehungen nachspielen und so einüben können. Sie verleihen ihren Spielfiguren Charaktereigenschaften und typi­sche Verhaltensmuster, die sie bei ihren Eltern und anderen Erwachsenen und Kindern sehen. Manchmal erfinden Kinder, wie es unsere Tochter getan hat, auch fiktive Charaktere, über die sie genauso reden, als wären sie real. Das ist völlig normal und kein Grund zur Sorge. Wir halten es übrigens für ausgemachten Unsinn, kleine Mädchen mit aller Gewalt dazu brin­gen zu wollen, daß sie mit Aktions­figu­ren oder Spiel­zeug­autos spielen. Genauso un­sin­nig ist es kleine Jun­gen zum Spiel mit Puppen zu drän­gen. Wenn sie es von sich aus tun ist es natürlich in Ordnung.
  4. Bastelmaterial & Werkzeug Kleinere Kinder müssen unbedingt genügend Material zum Basteln haben. Das brauchen keine teuren Bastelmaterialien sein. Ein­fa­ches Papier, Wollfäden, Wollknäuel, Stoff, Knöpfe, Knetmasse, kleine Bretter - einfach alles mögliche. Meistens brauchen die Kinder keine große Anleitung um etwas zu bauen. Man sollte sie in der Regel einfach mit dem ganzen Material in Ruhe lassen. Sie werden in ihrer Fantasie selbst den Dingen Leben einhauchen. Mit etwas größeren Kindern kann man auch kleine Projekte machen - einen Papierflieger bauen, ein Kleid für die Puppe nähen, ein kleines Haus oder einen Turm bauen - und vieles, vieles mehr. Einige der besten Bastelmaterialien findet man in der Natur: Tannenzapfen, Kastanien, Eicheln, seltsam geformte Äste, Blätter, Gräser, Blüten, Schilfkolben, Steine.
  5. Wasser, Sand, Matsch - am besten in der freien Natur (zur Not aber auch auf einem Spielplatz). Nichts lieben Kinder so sehr, wie mit Wasser und Matsch zu spielen. Man sollte sie lassen! An heissen Tagen ist ein Was­ser­schlauch im Garten eines der besten Spiel­zeuge über­haupt. Unsere Tochter konnte sich stundenlang damit beschäftigen. Erst wenn sie blaugefroren und zit­ternd vom kalten Wasser wirklich nicht mehr konnte, war man in der Lage ihr den Schlauch wieder zu ent­win­den. Manche Städte (wie z.B. Tulln) waren übrigens intel­li­gent genug auf ihren Hauptplätzen kleine Was­ser­fontänen zu installieren, die zufallsgesteuert aus dem Pflaster schießen. Fast immer sind sie im Som­mer von kleinen Kindern regelrecht belagert, die quiekend vor Ver­gnü­gen zwischen den Fontänen herumrennen.
  6. Märchenbücher, Podcasts, Videos Es gibt auch Re­gen­tage, an denen die Kinder einmal nicht hinaus wollen. Dann sollten sie Märchenbücher haben, die ihre Fantasie anregen. Bücher sind keine Frage des Geldes! Es gibt unzählige Stellen, wo man Kinder­bücher fast umsonst erwerben kann oder sogar ge­schenkt bekommt. Nur sollten sich die Eltern schon die Mühe machen, qualitativ hochwertige Bilder- und Märchenbücher auszuwählen. Es gibt wunderschön gezeichnete Bilderbücher mit intelligenter Geschichte - und endlose Massen von geschmacklosem Dreck. Für Videos sollte man die Kinder nicht einfach vor einen Fernseher setzen. Wenn schon Video, dann immer gemeinsam ansehen und darüber reden!
  7. Ausflüge in die Natur - zum Beispiel in den Wald, auf Berge, an Bäche oder Seen. Es macht überhaupt nichts, wenn die Ziele ganz in der Nähe liegen. Lange Reisen sind für kleine Kinder ohnehin nur eine Qual. Wichtig ist nur, daß man die Ausflüge in die Natur mit Ent­deckun­gen und Er­leb­nissen verbindet. Da müssen sich die Eltern eben etwas einfallen lassen! Die Kinder können Blätter sammeln oder Raupen; Steine aus­ein­an­der klopfen oder im Bach einen Damm bauen; sie können Stöcke den Bach hinabtreiben lassen oder flache Steine über eine Seeoberfläche springen lassen. Sie können auf Gräsern pfeifen lernen; Papierflieger oder Drachen steigen lassen; oder auf kleine Bäume kraxeln. Sie können sich aus Zweigen eine Hütte bauen oder nach einem "Schatz" suchen, den die Eltern mit "geheimen" Hinweisen vorher versteckt haben. Sie können mit Haselnusszweigen Pfeil und Bogen bauen (aber nur unter Aufsicht damit "schies­sen"). Es gibt unendlich viele Möglichkeiten für Kinder in der Natur zu spie­len!
  8. Musik, Gesang, Tanz Musikalisch begabte Kinder haben schon mit 4 oder 5 Jahren manchmal daran Freude ein Musik­instru­ment zu erlernen. Wenn Eltern selbst Musik machen ist es für Kinder ganz natürlich dabei mit­zu­machen. Auch wenn niemand in der Familie singt oder ein Instrument spielt sollten Kinder Zugang zu Musik bekommen. Buben lieben oft Trommeln und Schlaginstrumente, Mädchen singen und tanzen gerne oder beginnen Geige oder Klavier zu spielen. Wer selbst keine Musik macht sollte zu­min­dest Zugang zu (möglichst guten) Musikaufnahmen haben. Wir finden es auch gut, wenn Eltern mit ihren Kin­dern zu Konzerten gehen oder an Haus­musik­aben­den teilnehmen. Es gibt auch viele wunderbare Pup­pen­theater, Kinderbühnen und Kinderkonzerte. Man muss sich nur ein bisschen umsehen!
Was brauchen kleine Kinder auf gar keinen Fall?
  1. Computerspiele Es gibt natürlich auch gute Com­puter­spiele, aber wir finden, physische Spiele in der realen Welt sind für kleinere Kinder immer besser, als die virtuelle Bilderwelt am Computer. Wenn sie we­gen des sozialen Drucks anderer Kinder unbedingt am Computer spielen wollen, sollte man als Eltern jeden­falls sehr sorgfältig auswählen und zeitlich strikt begrenzen.
  2. Leistungssport, Wunderkind-Musikausbildung Es mag in ganz wenigen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein, auch unter-8 Jährige einem rigorosen Training auszusetzen. Wirkliche musikalische Wunderkinder oder sportliche Supertalente, denen stundenlanges Üben tatsächlich Spaß macht, sind aber Einzelfälle. In der Regel werden kleine "Nachwuchstalente" von ihren Eltern rigoros drangsaliert - weit über das Maß hinaus, bis zu dem es den Kindern noch Freude macht. Das ist Kindesmissbrauch - nicht mehr und nicht weniger.
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