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Wie können Frauen Familie und Beruf vereinbaren?
Schwer, sehr schwer!
Reden wir nicht lange herum: Es wird für Frauen immer eine Herausforderung blei­ben, Familie und einen (außer­häus­lichen) Beruf unter einen Hut zu bringen. Es gibt ein­fach grund­legende bio­logi­sche, soziale und wirt­schaft­li­che Fakten, die es für eine Frau sehr schwierig machen ihre Karriere zu verfolgen und gleichzeitig Kin­der zu haben:
Nimmt man diese Aspekte zusammen ergibt sich fol­gen­des Bild:
Wenn eine Frau zwei bis drei Kinder hat muß sie mit mindestens 6 bis 10 Jahren beruflicher Ausfallzeit – oder zumindest verminderter beruflicher Belastbarkeit - rechnen. Moderne Sozialstaaten versuchen diese Dop­pel­bela­stung der Frau wenigstens teilweise aus­zu­glei­chen. Je nach Land gibt es Mutterschaftsgeld, Karenz­zei­ten, Kin­der­geld, Steuer­erleich­terun­gen, die An­rech­nung von Ausfallzeiten bei der Rente und andere Sozial­lei­stun­gen. Insgesamt gesehen, existiert aber keine einzige Ge­sell­schaft, die Familien­leistun­gen von Frauen voll­stän­dig kompensiert. Sie sind finanziell und karriere­mäßig immer mehr oder weni­ger benach­teiligt gegen­über Män­nern - und gegen­über Frauen, die keine Kinder haben.
Man mag einwenden, daß Kinder für Frau­en eine im­materi­elle Belohnung darstellen, die für die wirt­schaft­li­chen und beruf­li­chen Nach­teile entschädigt. Dies mag im Einzelfall zutreffen – insgesamt gesehen ist aber die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf – be­son­ders für Frauen - einer der größten Kon­struk­tions­fehler moder­ner Gesell­schaften.
Was kann eine junge Frau nun im Einzelfall tun, um mit dieser Situation fertig­zu­werden?
1. Den Zeitpunkt zum Kinderkriegen sinnvoll wählen!
Es ist keine gute Idee mit 16 sein erstes Kind zu haben, die Schule abzubrechen und auf weiterführende Ausbildung (zu­nächst) zu verzichten. Aber es ist als Frau auch nicht sinnvoll, mit dem Kin­der­krie­gen zu warten, bis sie Ende 30 ist. Dann tickt bereits die biologische Uhr und es kann – wegen der deutlich verringerten Empfängnis­fähig­keit - lange dauern, bis sich eine Schwangerschaft einstellt, wenn überhaupt. Wenn möglich sollte eine Frau ihre Schule, berufliche Ausbildung oder Universität ab­ge­schlos­sen und zu­min­dest einen Berufseinstieg geschafft haben, ehe sie sich für Kinder entscheidet. Viele Frau­en sehen das genauso und beeilen sich mit ihrer Schul- und Be­rufs­saus­bildung – wäh­rend Männer die ersten Er­wach­senen­jahre nicht selten mit allem mög­lichen Blöd­sinn ver­trö­deln (in der Sozial­wissen­schaft wird dies übrigens als eine "ver­zö­ger­te Adoles­zenz­phase bei Män­nern" be­zeich­net).
2. Den Mann einspannen!
Viele, wenn nicht die Mehrheit der Män­ner, sehen ihren Beitrag zur Re­pro­duk­tion vor allem in einer kurzen, lust­betonten körper­lichen Verausgabung. Frauen sind, sozio-biologisch gesehen, für's Kin­der­krie­gen vor­be­rei­tet – Männern muss das erst beigebracht werden. Kluge Frauen binden deshalb ihren Mann bereits in der Schwan­ger­schaft in die kommende Familien­situa­tion mit ein. Er sollte in alle Vor­berei­tun­gen involviert wer­den. Er sollte bei den Vorsorgeuntersuchungen dabei sein, er sollte die notwendigen Babysachen mit aus­su­chen und in jeder Hinsicht mit dem "Thema" kon­fron­tiert werden.
3. Einen familienfreundlichen Beruf wählen!
Eine Frau kann natürlich Flugkapitänin werden – aber das wäre nicht gerade die familienfreundlichste be­ruf­liche Tätigkeit. Alle Berufe, deren Dienstpläne nach dem Zu­falls­prin­zip erstellt werden oder mehr­tägige Ab­we­sen­heit vom Wohnort er­for­dern (reisende Vertreter), sind besonders wenig familienfreundlich. Gut für Frau­en mit Kindern sind vor allem Berufe, die (zumin­dest teil­weise) im Homeoffice er­ledigt werden können; oder solche, die freie, selbstgewählte Arbeitszeiteinteilung ermöglichen. Im öffentlichen Dienst gibt es viele Stellen, die durch Gleit­zeit- und Teilzeit-Modelle besonders fa­milien­freund­lich sind. Auch in der Wissen­schaft kann man sich seine Arbeitszeit oft selbst flexibel einteilen.
4. Omi and Opi einspannen!
Die traditionelle Großfamilie wäre ein durch­aus funk­tio­nierendes Familien­mo­dell, das besonders Müttern mehr Mög­lich­kei­ten zur beruflichen Selbst­ver­wirk­lichung eröffnen könnte. In manchen Gesellschaften, wie z.B. in China, war es lange Zeit üblich, die Kinderaufzucht praktisch vollständig den Großeltern zu überlassen, so daß sich die jeweils junge Eltern-Generation ganz dem beruflichen Fortkommen widmen konnte. In China verbringen viele junge Eltern ihre Ar­beits­zeit weit ent­fernt in den großen Städten der Ost­küste und sehen ihre Kinder nur einmal im Jahr, wenn sie zum Früh­lings­fest (Chinesisches Neujahr) nach Haus ins Hinterland zu ihren Eltern und Kindern fahren.
Vor­aus­set­zung für eine Omi-Opi Familien­hil­fe ist na­tür­lich, daß die Großeltern fit genug und vor allem willig sind, den Eltern die Kinder­betreuung abzu­neh­men. Ego­zentri­sche Omis und Opis der Baby-Boom Generation in Europa verbringen nicht selten ihre Zeit aber lieber auf Kreuz­fahrt­schif­fen, in Indischen Ash­rams oder luxu­riösen Wellness-Tempeln, als ihren eige­nen Kindern zu helfen. omi, Kind
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5. Rechtzeitig gute Kinderbetreuung organisieren!
Es hat immer familienfremde Klein­kin­der­be­treu­ung gegeben. In traditionellen bäuer­lichen Gesellschaften waren oft eigene Kin­der­mägde für die Kinder­auf­zucht zuständig; und beim Bürgertum und Adel gaben Mütter nicht selten schon ihre Neugeborenen an "Kinderfrauen" und "Ammen" ab, die die Kinder gestillt und großgezogen haben. Heute übernehmen Kin­der­krip­pen und Kin­der­gär­ten (zumin­dest teilweise) diese Funktion. Es ist sinn­voll, sich schon vor einer Schwangerschaft darüber zu informieren, welche Kinder­krip­pen und Kin­der­gär­ten in der Nähe sind, und nach welchen Konzepten sie die Kin­der betreuen. Dabei gibt es große Unter­schiede – an­ge­fan­gen von kirch­li­chen bis hin zu antro­poso­phisch orien­tier­ten Ein­rich­tungen.
6. Beruflichen Wiedereinstieg planen!
Mütter dürfen sich nichts vormachen: Die aller­wenig­sten Arbeit­geber empfangen Mit­arbei­ter nach einer Baby­pause mit offenen Armen. Für jede Frau ist es also sinnvoll, den beruf­lichen Wieder­einstieg lang­fristig zu planen. Das sollte bereits vor der Baby­pause begin­nen: Die wer­den­de Mutter sollte mit ihrem Arbeit­geber über einen Wieder­ein­stieg reden. Auf­ge­klär­te Unter­nehmer sind durch­aus bereit Arbeits­plätze frei­zu­halten und sie an Schwan­ger­schafts­ver­tre­tun­gen nur tempo­rär zu ver­geben, wenn sie die schwan­gere Mit­arbei­terin schätzen. Nur "Beton­köpfe" unter den Unter­nehmern lassen gute Mit­arbei­terin­nen sofort fallen wenn sie schwanger wer­den.
7. Sich selbständig machen!
Die Phase der Familiengründung ist für manche Frauen (und Männer) Anlass, sich beruflich umzuorien­tieren. Gerade in den letzten Jahren gibt es vermehrt "Aus­stei­ger", die das "Hamsterrad" der heutigen Arbeitswelt nicht mehr ertragen können oder wollen. Es gibt junge Mütter, die sich mit einer guten Idee und enormer Energie einen eigenen kleinen Betrieb aufgebaut haben. Als Klein­unter­neh­mer kann man sich die Zeit einteilen und so besser mit den Familienpflichten koordinieren. Aber eines ist klar: Als Selbständiger arbeitet man letztlich in der Regel we­sent­lich mehr als in einer Ange­stell­ten­position.
8. Zurück auf's Land!
Stundenlange Pendlerwege zur Arbeits­stätte, höllischer Ar­beits­druck oder un­be­friedi­gende, schlecht bezahlte Arbeits­plätze oder ständige Über­stun­den­forderung zer­mürben besonders junge Eltern in unseren Groß­städ­ten. Hinzu kommt die unbestreitbare Ver­schlechte­rung der urbanen Lebens­bedin­gun­gen für "normale" Ar­beit­nehmer. Ein eige­nes Haus oder eine eigene Wohnung ist für viele Durch­schnitts­ver­diener Illu­sion ge­wor­den. Sehr oft finden junge Familien aber nicht einmal eine Landleben
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kleine Woh­nung in der Stadt und müssen sich bei den Eltern ein­quar­tieren. Gerade wenn die Ausgaben durch eine Familie steigen über­legen junge Eltern immer häufiger, ob nicht ein Leben auf dem Land oder in einer Klein­stadt ein­facher wäre, wo Mieten billiger und Le­bens­hal­tungs­kosten günsti­ger sind. Das Problem sind dabei aber die Arbeits­plätze. Zurück auf's Land sollten junge Familien nur dann gehen, wenn sie ganz konkrete Ver­dienst­mög­lich­kei­ten dort haben.
Was wäre politisch und gesellschaftlich notwendig um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – für Frauen und Männer – zu verbessern?
1. Strengere gesetzliche Vorgaben für Arbeitgeber!
Arbeitgeber müssten gesetzlich ver­pflich­tet werden, die Familiengründung ihrer Mitarbeiter organisatorisch nicht nur zu ermöglichen, sondern auch zu unter­stüt­zen. In modernen Sozialstaaten (wie Schwe­den oder Nor­wegen) gibt es um­fang­rei­che Regelungen, die eine Benach­tei­ligung von Müttern im Arbeitsleben weit­ge­hend verhindern.
2. Unsere Renten­systeme müsste familien­bedingte Aus­fall­zeiten im Beruf wesentlich stärker berück­sichtigen!
Kinderkriegen ist nicht nur Privat­ver­gnü­gen sondern auch ein Beitrag zum Funktio­nie­ren einer Gesellschaft. Rentensysteme, die auf einem Genera­tionen­vertrag be­ruhen, müssen unweigerlich zusammen­brechen, wenn die Gesell­schaft das Kinder­kriegen als reine Privat­ange­legen­heit an­sieht und nicht fördert.
3. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
Es ist selbstverständlich, daß für gleiche Arbeit der glei­che Lohn zu zahlen ist. Das Problem ist nur, daß viele typische Frauen­jobs schlechter bezahlt sind als typische Männer­jobs. Die eklatante Unter­be­zahlung vieler Pflege­berufe wird gerade in der Corona-Pandemie all­ge­mein deutlich. Es ist vor allem auch eine Aufgabe der Schu­len Mädchen für höher­qualifizierte – und damit besser be­zahl­te – Berufe zu inter­essie­ren. Gerade im IT-Bereich könnten Frauen hochbezahlte, flexible (and damit familien­freund­liche) Arbeits­plätze finden, wenn sie dafür qualifiziert wären und ihr Interesse an diesen Tätigkeiten geweckt würde.